Sanierung, Modernisierung, Umbau, Aufstockung von bestehenden Bauwerken
Form
Der ehemalige Güterbahnhof Remagen bestand aus einer langgestreckten, massiv gebauten Halle längs der Gleise, und einem zweigeschossigen Kopfbau, der früher Büro und Wohnung beherbergte. Das in Sicht-Backsteinen ausgeführte Gebäude sollte energetisch optimiert, umgebaut und so der neue repräsentative Sitz eines Ingenieurbüros für Holzbau werden.
Zonierung
Gebäude besteht aus zwei Bereichen, die energetisch leicht unterschiedlich behandelt wurden. Das Büro umfasst die ehemalige Güterhalle sowie das Erdgeschoss des zweistöckigen Kopfbaus. Die Wohnung liegt im Obergeschoss des Kopfbaus.
Konstruktion / Gebäudehülle
Bestandsgebäude: massive Backsteinwände Stärke ca. 30 cm, eingeschossige Hallenkonstruktion. Dachkonstruktion Bestand als Binderdachstuhl mit 10 Bindern. Binder als Hänge-Sprengwerk, die Zugbalken liegen auf der Mauerkrone auf und stützen als Durchlaufträger außen die großen Dachüberstände. Die Binder tragen Fuß- und Mittelpfetten.
Auf die bestehende Binderkonstruktion wurde die neue Sparrenlage mit Dämmung aufgelegt. Vor die bestehenden Backsteinwände wurde die neue Holzfassade in vorgefertigten Elementen montiert. Die neuen Holzelemente in Fassade und Dach bilden somit die neue Gebäudehülle, die das massive Bestandsgebäude komplett umfängt. Die Fenster sind ebenfalls in der Holzfassade angeordnet.
Die Fassadenelemente wurden am Stück montiert, wozu die Dachüberstände zum Teil zurückgebaut und wieder angebracht wurden.
Der „Kopfbau“ genannte zweigeschossige Bereich des ehemaligen Güterbahnhofes wurde mit einem WDVS aus Mineralwolle bekleidet. Das mineralische Äußere kontrastiert so die hölzerne Anmutung der Halle. Auch hier wurde auf die bestehende Dachstruktur eine neue Sparrenlage mit Dämmung montiert.
Materialien
Das Gebäude wurde dazu mit einer neuen Hülle aus Holz umkleidet. Das massive Backsteinmauerwerk bleibt im Inneren der Halle sichtbar. Das Thema Holz wird hier in verfeinerter Form bespielt, indem hölzerne Raumzellen den weiträumigen Innenraum gliedern und die Funktionalität eines zeitgenössischen Bürobetriebs gewährleisten.
Aus massivem Bestand und hölzernen Ergänzungen entsteht ein neues stimmiges Gesamtbild.
Haustechnik
Erreichter Energiestandard: Höchster KfW-Effizienzhaus-Standard im Bestand (KfW-55 Wohnung / KfW-70 Büro)
Heizwärmebedarf in kWh/(m²a): Wohnung: 42,9 kWh/(m²a) / Büro: 16,6 kWh/(m²a)
Ziel für das Bauvorhaben war, den bestehenden Güterbahnhof energetisch hochwertig zu sanieren, so dass ein energieeffizienter Altbau entsteht, der seine Energie möglichst autark bezieht. Durch umfassende Dämmmaßnahmen an der gesamten thermischen Hülle konnte der Heizwärmebedarf minimiert werden. Der restliche Wärmebedarf kann über drei Luft/Wasser-Wärmepumpen gedeckt werden.
Das Dach des Güterbahnhofs wurde vollflächig mit Photovoltaik-Modulen belegt, die mit einer Leistung von 100 kWpeak den Großteil des Strombedarfs im Gebäude decken. Ein Stromspeicher im Keller mit einer Kapazität von 42 kWh sorgt dafür, dass Strom zwischengespeichert werden kann, um die elektrischen Verbraucher sowie die Wärmepumpe über einen möglichst langen Zeitraum mit selbst produziertem Strom versorgen zu können. Für den laufenden Betrieb wird somit ein Autarkiegrad von 60-70% erwartet (bezogen auf Elektrizität).
Das Gebäude verfügt über eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, die eine energieeffiziente und kontrollierte Frischluftzufuhr gewährleistet. Über Unterflurkonvektoren, die als Luftauslass dienen, kann der Innenraum des Büros außerdem klimatisiert werden. Als Kälteerzeuger kommt auch hier die Wärmepumpe zum Einsatz, die reversibel arbeitet und somit nicht nur heizen, sondern auch kühlen kann.
Besonderheiten
Die neue Gebäudehülle umschließt die massive Bestandskonstruktion. Deren immense Speichermasse befindet sich nun komplett innerhalb des Dämmperimeters, was sich positiv auf den sommerlichen Wärmeschutz auswirkt. Aus dem simplen Wandaufbau aus massiven, unverputzten Backsteinen wurde durch die Umbaumaßnahmen ein hoch leistungsfähiges System, das den höchsten energetischen Anforderungen genügt.
Projekt-Steckbrief
Adresse
Am Güterbahnhof 16
53424 Remagen
Projektart
Umnutzung einer Güterbahnhofshalle in ein Ingenieurbüro für Holzbau mit Mitarbeiter-Wohngemeinschaft.
Bauzeit / Fertigstellung
Juli 2019 – Juli 2020
Flächen / Kubatur
BGF 1232,90m² / BRI 4670,13 m³
Anzahl der Geschosse
-1 (Halle / Ingenieurbüro) und 2 (Kopfbau/Wohnbereich)
Bauart
Holzelemente
Erreichter Energiestandard
KfW-70 (Halle / Büro) und KfW-55 (Wohnbereich)
Heizwärmebedarf
Büro: 16,6 kWh/(m²a), Wohnbereich: 42,9 kWh/(m²a)
Energiearten
Luft-Wasser-Wärmepumpe
Kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
PV-Anlage
Projektbeteiligte
Bauherren
PIRMIN JUNG Deutschland GmbH
Architekten
Herres & Pape Architekten PartGmbB Mertens Architekten BDA
Moselstrasse 13
54528 Salmtal
www.herresundpape.de/contact/
MERTENS ARCHITEKTEN BDA
Apollinarisstraße 15b
53474 Bad Neuenahr
www.mertens-architekt.de/team/263/
Fachingenieur/in
Sommer Baustatik GmbH (HLK)
Tragwerksplanung
PIRMIN JUNG Deutschland GmbH
Holzbau
Kappler Holzbau
Innenausbau
Annen GmbH + Co. KG (Möbel, Innenausbau)
Holzbau Stoffel GmbH (Konstruktion Raumboxen)
Fotografien
Dominik Ketz Photography
Transparente hölzerne Raumzellen Das Thema Holz wird hier in verfeinerter Form bespielt Interieur angelehnt an historische Zugwagenabteile Ständerkonstruktion aus Douglasie Akustikbekleidung Holzwolle-Leichtbauplatten (teilw., Innen) Weiträumiger Innenraum Hölzerne Raumzellen mit Glasausfachungen Sichtbares massive Backsteinmauerwerk im Inneren der Halle Funktionalität eines zeitgenössischen Bürobetriebs Binder als Hänge-Sprengwerk Bestand Ziegel massiv und neu Holzelementbau mit Dämmung Vorgefertigte Elemente als Holzfasade
53424 Remagen Deutschland