Neubau einer Kultur- und Sporthalle mit öffentlicher Dachnutzung
Ausgangslage
Im Rahmen der Neugestaltung des Ortskerns von Alfter bildet der Neubau der Kultur – und Sporthalle einen wesentlichen Baustein des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes. Die Kultur – und Sporthalle wirkt als öffentlicher Impulsgeber für den Alfterer Ortskern, bietet vielfältige Nutzungsangebote für die Bürger und berücksichtigt darüber hinaus die Weiterentwicklung des Schulcampus.
Die Nachfrage an außerschulischen Nutzungsmöglichkeiten übersteigt die bisherigen Kapazitäten der bisher dafür genutzten Turnhalle aus den 1960er Jahren. Diese Halle ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht sanierungsfähig und muss ersetzt werden, so dass ein Neubau als Mehrzweckhalle sinnvoll wurde.
Im Rahmen einer Mehrfachbeauftragung aus dem Jahr 2019 wurde das Architekturbüro Königs Architekten aus Köln mit den Planungsleistungen beauftragt. Die Baugenehmigung wurde im Herbst 2021 erteilt, die Fertigstellung erfolgte im Sommer 2024.
Nutzungskonzept
Um das Ziel eines vielfältigen Nutzungsangebotes für alle Alfterer über den gesamten Tagesverlauf bis in die Abendstunden hinein zu gewährleisten, ist ein Gebäude erforderlich, welches bereits konzeptionell auf diesen Nutzungsmix ausgerichtet ist. Die neue Kultur- und Sporthalle bietet deshalb Nutzungen auf drei Etagen an: Die untere Event- und Sportfläche, die darüber liegende Foyerebene mit Quartierscafé und Tribünenbereich sowie die Dachebene mit Ballsportfeld und Fitnessareal.
Die Hallenebene bietet ein klassisches Sportfeld mit 17 m x 34 m Größe. Dieses ist im Bedarfsfall mittig durch eine mobile Trennwand teilbar, sodass zwei Sportarten mit kleinerem Feldbedarf parallel ausgeübt werden können. Für Veranstaltungen mit bis zu 400 Personen außerhalb der Sportnutzung kann ein Bühnenaufbau gegenüber der Tribüne an der Südseite der Halle erfolgen sowie eine zusätzliche Möblierung mit Stühlen. Die Bühne sowie die Stühle sind vor Ort eingelagert.
Insbesondere die Dachnutzung weist einen innovativen Weg auf: Das bisher an gleicher Stelle bereits existierende Außensportfeld wird mit gleicher Größe auf das Dach der Kultur- und Sporthalle verlagert, ergänzt um einen Calisthenics-Park als individuelles Fitnessangebot. Die Dachebene ist frei zugänglich und völlig unabhängig von der Halle nutzbar. Das Quartierscafé kann als nichtkommerzielle Einrichtung von den Bürgern und den Vereinen selbstorganisiert werden und bei schönem Wetter auf den Vorplatz ausgedehnt werden.
Städtebauliche und architektonische Gestaltung
Die exponierte Lage als öffentliches Gebäude erfordert eine sorgsame und angemessene Gestaltung auf verschiedenen Bezugsebenen. Um den offenen und einladenden Charakter des Gebäudes zu unterstreichen ist die Eingangsebene rundum raumhoch verglast und bietet von der Straße und vom Vorplatz Einblicke ins Foyer und den Zuschauerbereich. Durch die Absenkung der Spielfeld- und Eventebene ist diese jedoch vor direkten Einblicken geschützt. Diese Absenkung bewirkt ebenfalls, dass die erforderliche Hallenhöhe von 7,0 Metern nicht zu einem städtebaulich unangemessen hoch aufragenden Volumen führt. Die umlaufend auskragende Dachränder bieten nicht nur Sonnen- und Regenschutz, sondern erzeugen auch eine Leichtigkeit in der Gesamterscheinung. Die Kultur- und Sporthalle bleibt so trotz seines relativ großen Volumens gut eingebunden in die Silhouette der Umgebungsbebauung.
Die architektonische Gestaltung ergibt sich aus der Sichtbarmachung der Funktionen und der einfachen Lesbarkeit von Konstruktion und Material.
In seinem Äußeren wird das Gebäude durch die sichtbare Holzkonstruktion und die großflächige Verglasung geprägt. Im Inneren dominieren Holzoberflächen, Sichtbetonflächen und die farblichen Akzente der Böden und Möbel. Die Kultur- und Sporthalle hat in erster Linie eine dienende Funktion, hat aber auch eine Vorbildwirkung in seinem Gestaltungsanspruch der zukünftigen Weiterentwicklung der Neuen Mitte in Alfter.
Konstruktion/Bautechnik
Die Kultur- und Sporthalle besteht aus einer innovativen Holzkonstruktion, bei der Fachwerkträger aus Buchenholz mit einer Spannweite von fast 25 Metern das Gewicht der Dachkonstruktion in außenliegende V-Stützen ableiten, die ebenfalls aus Buchenholz gefertigt sind.
Diese gestaltprägende Holzkonstruktion ist umlaufend geschoßhoch verglast und ruht auf einem Stahlbeton – Sockelgeschoß, welches die untere Hallenebene umfasst. 22 V-förmige vertikale Stützen mit dem Querschnitt von 30 mal 32 Zentimetern und 14 Fachwerkträger mit einer Gesamtlänge von 28 Metern in der Horizontalen mit circa 24 Metern lichtem Abstand zwischen den Stützen, alles aus Buchenholz gefertigt, tragen die Dachkonstruktion.
Die innovative Konstruktion wirkt trotz aller Vorgaben etwa zum Brandschutz und sogar zur Erdbebensicherheit leicht und transparent: Mit der Entscheidung für den Treppenversatz, also für die stufenförmig angeordnete Verbindung von Holz-Bauteilen, können die Lasten ausreichend abgetragen und das Bauwerk versteift werden und man kommt trotzdem mit etwa der Hälfte der ansonsten notwendigen Querschnitte aus. Die für diese Art des Versatzes notwendige Präzision garantiert die CAD- und CNC-Technik. Die Kultur- und Sporthalle in Alfter ist erst der zweite Holzbau in Deutschland, bei dem diese Verbindungsart eingesetzt wurde. Ganz vorne stehe man jedoch mit der Spiel- und Sportfläche auf dem Dach: Die neue Halle ist die erste Holzkonstruktion in unserem Land mit einer solchen öffentlichen Nutzung obendrauf.
Das Bauwerk wird in dieser Hinsicht fortschrittlich den Weg hin zum klimaneutralen Bauen weisen. Weite Teile der großen Dachfläche werden zudem intensiv und mit Hochbeeten extensiv begrünt, was zu einer Regenwasserpufferung und zur stadtklimatischen Verbesserung beiträgt.
Materialien
Bodenplatte: Stahlbeton mit Schwingboden aus Birke-Sperrholz
Außenwände: Pfosten-Riegelkonstruktion aus Brettschichtholz (Fichte) mit Dreifachverglasung
Dach: Mehrschicht-Fachwerkträger (Baubuche) 1560 mm, Mehrschichtplatte (Fichte) 140mm
Innenwände: Stahlbeton, teilweise mit Prallwand aus Holzlamellen (Birke-Sperrholz)
Beschreibung der energetischen Eckdaten
Erreichter Energiestandard: Die Anforderungen des EEWärmeG werden durch die Nutzung von Wärmepumpenanlagen und die Unterschreitung der Anforderungen der EnEV erfüllt.
Heizwärmebedarf in kWh/(m²*a): 102 kWh/m2a
Der Dachüberstand von umlaufend ca. 2 Metern sorgt für eine Verschattung der Vertikalverglasung, was zu einer Absenkung der Wärmeenergieeinstrahlung aus direktem Sonnenlicht führt. Die Bauteile der Fassade und die Kühlung des Innenraumes können entsprechend optimiert werden. Es kam durchgehend eine Dreifachverglasung zur Ausführung, dessen Isolierwirkung die gesetzlichen Anforderungen nach EnEV übertrifft.
Die Beheizung der Kultur- und Sporthalle erfolgt über eine Fußbodenheizung im Schwingboden. Die erforderliche Wärmeenergie des Heizungssystems wird von einem Wärmetauscher unterstützt, der sich über eine Sole/Wasser-Wärmepumpe speist. Dieses System im Vergleich zu einer konventionellen Luft/Wasser-Wärmepumpe energetisch effizienter, langlebiger und zudem frei von Lärmemission.
Kreislauffähigkeit des Gebäudes
Das Gebäude zeichnet sich durch seine hohe Kreislauffähigkeit aus. Das primäre Baumaterial Holz läßt sich mit vertretbarem Aufwand Rückbauen, sortenrein trennen und wiederverwerten. Der Glasanteil der Fassade sowie alle, größtenteils verzinkten Stahlbauteile lassen sich durch Einschmelzung ebenso recyceln wie der verwendete Stahlbeton, der als Zuschlagstoff Verwendung finden kann. Es wurden grundsätzlich keine Materialien verwendet, die nicht kreislauffähig sind. Es wurden größtenteils wieder ablösbare Verbindungen, z. B. Verschraubungen, verwendet, der Einsatz von Verklebungen und Kompositbaustoffen wurde weitestgehend vermieden.
Projekt-Steckbrief
Adresse
Am Herrenwingert 2
53347 Alfter
Projektart
Neubau einer Mehrzweckhalle
Bauzeit/Datum der Fertigstellung
12/2021-07/2024 (31.07.2024)
Flächen (BGF in m²) / Kubatur (BRI in m³)
BGF 2718 m² / BRI 9023 m³
Anzahl der Geschosse
2
Bauart
Fachwerkträger-Konstruktion
Projekt- Beteiligte
Bauherr/Bauherrin bzw. Eigentümer/in
Gemeinde Alfter
Architekt/in
Ulrich und Ilse Königs, Königs Architekten PartGmbB, Köln
Konstruktiver Holzbaubetrieb
Holzbau Amann, Weilheim-Bannholz
Innenausbau Holzbaubetrieb
VHB, Vereinigte Holzbaubetriebe, Woringen
Tragwerksplanung
Pirmin Jung Deutschland GmbH, Remagen
Fachingenieur/in
Dipl.-Ing. K. Leiermann, Brandschutz Sachverständiger, Dormagen
Sonstige Beteiligte
Doron Stern, Landschaftsarchitektur, Köln
Fotografien
Margot Gottschling
Die Kultur und Sporthalle in Alfter ist Preisträger des Holzbaupreis Eifel 2024.
53347 Alfter Deutschland