Neubau barrierefreier Internatswohngebäuden für mehrfach schwerstbehinderte Schüler
Ausgangssituation und Lösung
Auf dem Grundstück an der Augenbroicherstrasse 49 in Euskirchen waren in insgesamt 6 Bestandsbungalows aus den 60’er Jahren 48 Kinder untergebracht. Aufgrund gravierender Baumängel an den Bestandsgebäuden wurde durch die LVR (Landschaftsverband Rheinland) Gremien entschieden, die alten Internatsbungalows abzubrechen und durch entsprechende Neubauten zu ersetzen.
Die vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) bis Leistungsphase 2 (Vorentwurfsplanung) und der RoA RONGEN ARCHITEKTEN PartG mbB ab Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) geplanten und bis Leistungsphase 8 betreuten Internats-Ersatzneubauten der Max-Ernst Schule in Euskirchen sind neben den zwei im September 2011 fertiggestellten allgemeinpsychiatrischen und gerontopsychiatrischen Tageskliniken in einem Gebäude in Köln Chorweiler das zweite Passivhausprojekt (NZEB), das RoA für den Landschaftsverband Rheinland (LVR) planen und bis zur Fertigstellung betreuen durfte.
Hierbei handelt es sich um vier Internats-Wohngebäude für insgesamt 32 Schülerinnen und Schüler mit mehrfachen Schwerstbehinderungen mit dem Förderschwerpunkt „Hören und Kommunikation“.
Ziel
Hier sollte eine im Innen- und Außenbereich vollständig barrierefreie Wohnanlage, die nicht nur in pädagogischer Hinsicht vorzeige- und nachahmenswert sein sollte, entstehen. Auch mit Blick auf Klima- und Umweltgerechtigkeit sowie Ressourcenschonung sollten die Ersatzneubauten beispielgebend für zukunftsweisendes Bauen sein.
Damit war von Anfang an klar, dass hier Neubauten mit einem äußerst geringen Energiebedarf und überwiegend aus ökologisch unbedenklichen, nachwachsenden Baustoffen entstehen würden.
Konstruktion/Bautechnik
Besonderheiten der realisierten Wohnanlage und deren Freianlagen
Jedes der vier Passivhaus-Internatsgebäude, die in teilvorgefertigter Holzrahmenbauweise errichtet wurden, verfügt über 8 Bewohnerplätze in vier Einzel- und zwei Doppelzimmern. Die Verwendung von ausschließlich ökologisch unbedenklichen, ressourcenschonende -d. h. receycelte oder receycelbare Baustoffe-, energetisch sparsame Bauweisen und eine von Anfang an integrale Planung unter Einbeziehung aller Fachplaner waren Planungs- und Ausführungsvoraussetzungen.
Sowohl die Internatsneubauten wie auch der zugehörige Außenbereich mit seinen vielfältigen Spielflächen in den Freianlagen sind barrierefrei. Aus Kapazitätsgründen sollten stets zwei der bestehenden Gruppenhäuser, die bis zur Fertigstellung der Gesamt-Baumaßnahme nach und nach rückgebaut wurden, im Betrieb bleiben. So wurden die Internats-Ersatzneubauten im laufenden Betrieb in zwei Haupt-Bauabschnitten realisiert.
Ökologie
Wenn wir wirklich unserer Nachwelt gegenüber verantwortungsbewusst (wir meiden bewusst den inzwischen inflationären Begriff „nachhaltig“) bauen wollen, dann haben wir uns dem hochenergieeffizienten und ökologisch unbedenklichen Bauen zu verschreiben und zwar ohne WENN und ABER!
Dann darf es uns auch nicht gleichgültig sein, wo der gute U-Wert herkommt.
Für den überwiegend vorgefertigten, hochenergieeffizienten Holzrahmenbau wurden für uns selbstverständlich ausschließlich ökologisch unbedenkliche (frei von toxischen Bestandteilen), receycelbare und damit auch ressourcenschonende Baustoffe u. -teile verwendet.
Gebäudetechnik
Warmwasserbereitung über Frischwasserstation nach dem Prinzip „Durchlauferhitzer“
Vorteil: Nur bedarfsgerechte Trinkwassererwärmung der aktuell benötigten Zapfmenge. Es muss kein Trinkwasser gespeichert werden.
Wärmeerzeugung
Bivalente Wärmeerzeugungsanlage, bestehend aus einer Luft-Wasser-Wärmepumpe (im Außenbereich) + einem Gas- Brennwertgerät (Leistung 24 KW) als Wandgerät im Technikraum.
Heizwasserverteilung über Pufferspeicher an die Fußbodenheizung (Flächenheizung, mit der über die Lüftungsanlage auch gekühlt werden kann).
Nutzung Brennwerttherme nur für die Kältespitzen, in der die Leistung Wärmepumpe alleine ggf. nicht ausreicht.
Wohnraumlüftung
Passivhaus zertifizierte, dezentrale Lüftungsgeräte mit über 90 % Wärmerückgewinnung, CO2– und Luftfeuchte gesteuert (zur Sicherstellung von jederzeit Raumluftqualität im Komfortbereich)
In allen Fluren und öffentlichen Bereichen erfolgt die elektrische Beleuchtung über Bewegungsmelder, um unnötige Energieverbräuche zu vermeiden.
Materialien
Bodenplatte: Stahlbeton (WU-Beton)
Außenwände: Holzrahmenbau
Decken: Massive Brettstapeldecken
Dach: Pultdächer: Kalzipdach auf unbehandelter Holzkonstruktion, Flachdächer: Extensive Begrünung auf unbehandelter Holzkonstruktion
Innenwände: Holzleistenschalung, Fermacell, OSB-Platten; alle Wände mit KVH-Pfosten
Beschreibung der energetischen Eckdaten
Erreichter Energiestandard: Passivhaus
Heizwärmebedarf in kWh/(m²*a): 15
Heizlast: 10 W/m²
PE Bedarf: 70,83 kWh/m²a
PER Bedarf: 74 kWh/m²a
Kreislauffähigkeit des Gebäudes
Es wurde ausschließlich recyel- und wiederverwendbare Baustoffe und Bauteile verwendet.
Projekt-Steckbrief
Adresse
Augenbroicherstraße 49
53879 Euskirchen
Projektart
Teilvorgefertigter Holzrahmenbau im Passivhausstandard mit massiven Brettstapeldecken.
Bauzeit/Datum der Fertigstellung
09/2018-10/2020 (15.10.2020)
Flächen (BGF in m²) / Kubatur (BRI in m³)
BGF 2.145 m² / 7.460,4 m³
Anzahl der Geschosse
1
Bauart
Holzrahmenbau
Projekt- Beteiligte
Bauherr/Bauherrin bzw. Eigentümer/in
Landschaftsverband Rheinland
Architekt/in
LVR Rheinland, Fr. S. Lewe-Fiedler & RoA Rongen Architekten PartG mbB
Konstruktiver Holzbaubetrieb
Holzbau Brockhaus, Dinklage
Innenausbau Holzbaubetrieb
Tischlerei Berg GmbH & Co.KG, Overath-Untereschbach
Tragwerksplanung
Ingenieurbüro Knabben + Korbitza, Pulheim
Fachingenieur/in
HKL: Siemons + Herrmann, Aachen
Fotografien
RoA RONGEN ARCHITEKEN PartG mbB
Die Internatswohngebäude in Euskirchen erhielten beim Holzbaupreis Eifel 2024 eine Anerkennung.
53879 Euskirchen Deutschland