Interim Regino-Gymnasium in Prüm
Weiterverwendbares Schulgebäude in Holzmodulbauweise
Ausgangssituation und Lösung
Haupteigenschaft des Neubaus ist seine Demontierbarkeit und Flexibilität bei gleichzeitig hoher Innenraumqualität und Umweltverträglichkeit (hoher Wiederverwendungsgrad und damit Nachhaltigkeit auf ganzer Gebäudeebene). Das Gebäude lässt sich sowohl als Interim als auch dauerhaft nutzen, als „mobile Immobilie“ kann es von einem Einsatzort zum nächsten Wandern und spart somit Ressourcen, sowohl ökologisch betrachtet als auch in finanzieller Hinsicht.
Im Innern bietet es für rund 800 Schüler zzgl. Lehrpersonal und Verwaltung ein attraktives und zeitgemäßes Lern- und Arbeitsumfeld, etwa über sichtbare, weiß lasierte Holzoberflächen, Akustikdecken mit Holzlamellenstruktur oder außenseitige Textilscreens als Sonnen- und Blendschutz. Des weiteren erlaubt es aufgrund seines innovativen Brandschutzkonzepts trotz GK 4 die Umsetzung offener und großzügiger Lernlandschaften nach jüngsten, pädagogischen Konzepten, mit unterschiedlichen Bereichen für Lerncluster und vielen Sichtbeziehungen:
Die Begrenzung der Nutzungseinheiten auf bis zu 400 m2 ermöglicht eine Vielzahl räumlicher Qualitäten zum Lernen, sowohl geschlossene Klassenzimmer als auch kleinere, abgetrennte Differenzierungsräume sowie zum Flur hin gänzlich offene Bereiche (keine „notwendigen“ Flure). Innenfenster mit Ein-/Ausblicken und Sitzgelegenheiten unterstützen das Brandschutzkonzept und erleichtern dem Lehrpersonal die Aufsicht und Betreuung.
Konstruktion/Bautechnik
Das aktuelle Interimsgebäude besteht aus 266 Raummodulen mit ergänzenden Holzelementen im Bereich der Flure und Treppenhäuser sowie bei Bodenplatte und Dach.
Jedes Modul, egal ob im EG oder OG, besitzt gleiche statische Anforderungen, d.h. ein späterer Einbau in bzw. zu einem neuen Gebäude ist an jeder beliebigen Stelle möglich. Als einfache Modulverbindung dienen vormontierte Holzdollen. Die Schallentkopplung gewährleisten Phone-Strips. Aber nicht nur die Holzmodule inklusive ihrer Ausstattung, sondern auch die Holzelemente sind problemlos demontier- und wiederverwendbar. Ebenso können die einzelnen Betonfundamentblöcke und Betontreppen rückgebaut und an anderen Orten zum Einsatz kommen.
Die Außenwände aus hinterlüfteter Lärchenschalung sind in Passivhausqualität umgesetzt und Trennwände zwischen den Klassen in Holzständerbauweise mit sämtlichen Installationen versehen. Alle tragenden Holzbauteile sind unbehandelt. Bei der Lärchenholzfassade wirkt eine biozidfreie, giftstofffreie Lasur auf Silikatbasis als „Opferschicht“ dem natürlichen, ungleichmäßigen Vergrauungsprozess entgegen. Sie wird mit den Jahren allmählich abgewaschen, ohne dabei wasserführende Systeme zu verunreinigen.
Die Gebäudearchitektur und das Raumkonzept mit einem hohen Verglasungsanteil der Außen- und Innenwände gewährleisten eine optimale Tageslichtnutzung und reduzieren somit auch den Energiebedarf für die Beleuchtung.
Materialien
Bodenplatte: Holzelemente
Außenwände: Außenwände (in Passivhaus-Qualität) in Holzständerbauweise mit sämtlichen Installationen. Fertige Innenoberflächen aus OSB, weiß lasiert.
Decken: Decken mit Holzlamellenstruktur als Akustikabsorber, Böden Linoleum
Dach: Holzelemente
Innenwände: Trennwände zwischen den Unterrichtsräumen in Holzständerbauweise mit sämtlichen Installationen. Fertige Innenoberflächen aus OSB, weiß lasiert. Flurwände und Fluroberflächen aus Massivholz, Brettsperrholz, weiß lasiert.
Beschreibung der energetischen Eckdaten
Erreichter Energiestandard: In Anlehnung an den Passivhausstandard (Hülle)
Aufgrund der geplanten Dauerhaftigkeit an den Folgestandorten verfügt das Interim über einen hohen, gebäudetechnischen Standard in Anlehnung an Passivhausqualität, aber mit modulbaugeeigneter Ausrüstung, d.h. mit dezentralen Lösungen für die spätere, einfache Demontage. So sorgen in den Klassenräumen und Aufenthaltsbereichen Klima-Splitgeräte im Winter für die notwendige Wärme und im Sommer für Kühle. Die notwendige Energie dazu erfolgt über eine Luft-Luft-Wärmepumpe und eine aufgeständerte Solaranlage auf dem Dach, die technische Versorgung der Module verläuft über die Flurdecken (Minimum an Leitungsführung). Zugleich wird der notwendige Wärme- bzw. Kühlbedarf in den Klassenräumen über die hochwärmedämmende Fassade und einen außenliegenden Sonnenschutz (Textilscreen) optimiert.
Ein hybrides Lüftungskonzept kombiniert außerdem mechanische und natürliche Lüftung: D.h., natürliche Lüftung ist bei Bedarf möglich, zugleich garantiert ein an die Fassade angeschlossenes und in die Schrankwand integriertes Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung (> 85%) und integrierter Nachtauskühlung (Bypass-Steuerung) den erforderlichen Luftwechsel (Luftaustausch 700 m3/h).
Durch all diese Maßnahmen verfügt das Interim über einen hohen Grad an Autarkie.
In Bereichen mit erfahrungsgemäß wenig Heizbedarf (Treppenhäuser, Sanitärbereiche und Nebenräume) gewährleisten Infrarotheizungen eine ausreichende Temperatur.
Kreislauffähigkeit des Gebäudes
Nicht nur die einzelnen Materialien und Möbelstücke wurden hinsichtlich Nachhaltigkeitsaspekten und Recyclingfähigkeit wohlüberlegt ausgesucht und dabei Mischkonstruktionen vermieden, das komplette Gebäude ist auf ganzer Ebene kreislauffähig und ressourcenschonend:
Die Module wurden so geplant, dass sie mitsamt ihrer Ausstattung einfach zu montieren, zu de- und remontieren sind. Sie sollen nach ihrer ersten Nutzungsphase als kleinere Gebäudeeinheiten an vier anderen Standorten dauerhaft zum Einsatz kommen. Vorgesehen ist z.B., einen Teil der Module als weitere Etage auf, die beim Flut- und Hochwasserereignis 2021 zerstörte und nun neu zu bauende Sporthalle des Regino-Gymnasiums zu setzen. Dort sollen sie den zusätzlichen Raumbedarf für Unterrichts- und Ganztagsräume decken und zugleich in das historische Umfeld (Denkmalzone) integriert werden.
Der Fokus lag folglich über die gesamte Planungs- und Bauzeit hinweg auch immer auf seiner Flexibilität und Mobilität, d.h. auf der einfachen Demontage und der späteren Zweit-/Mehrfachverwendung aller Bauteile. Aufgrund der Tatsache, dass der Neubau nach seiner Erstnutzung noch für weitere Nutzende bereitsteht, spart er automatisch CO2 und vermeidet weitere Neubaulösungen.
Und auch das Baugrundstück (Sportplatz am Stadtrand) wurde bewusst gewählt, um die Ressource “Boden” zu schonen, d.h. eine Umwandlung von Natur- in Bauflächen und somit ein zusätzlicher Flächenverbrauch konnte vermieden werden. Die äußere Erschließung und auch die Außenbeleuchtung waren bereits vorhanden und im direkten Umfeld lassen sich nutzungsrelevante Einrichtungen der Verkehrs- und benachbarten Schulinfrastruktur (Haltestelle ÖPNV, Sporthalle, Aula, Mensa) mitnutzen. Nach Demontage und Wegzug des Interimsgebäudes kann der Sportplatz am Stadtrand wieder seiner eigentlichen Nutzung zugeführt werden.
Insofern führt der Eifelkreis Bitburg-Prüm als Bauherr hier beispielhaft vor, wie ein zukunftsfähiges Bauen in Einklang mit Klimaschutz aussehen kann.
Projekt-Steckbrief
Adresse
Im Eulenrech 7b
54595 Prüm
Deutschland
Projektart
Weiterverwendbares Schulgebäude in demontierbarer Holzmodulbauweise
Bauzeit/Datum der Fertigstellung
02/2022-06/2023 (01.06.2023)
Flächen (BGF in m²) / Kubatur (BRI in m³)
BGF 8.200 m2 / BRI 29.700 m3
Anzahl der Geschosse
3
Bauart
Holzständerbau
Projekt- Beteiligte
Bauherr/Bauherrin bzw. Eigentümer/in
Eifelkreis Bitburg-Prüm, vertreten durch Alfred Marder und Julia Rumpf-Pelzer
Nutzerin: Regino-Gymnasium Prüm
Architekt/in
werk.um Botta Lückgen Steffen und Partner Architekten und Innenarchitekt baugewerbliche PartG mbB
Konstruktiver Holzbaubetrieb
SAINT-GOBAIN Brüggemann Holzbau GmbH, Baumgarten GmbH, Zimmerei Stark GmbH
Innenausbau
SAINT-GOBAIN Brüggemann Holzbau GmbH, Baumgarten GmbH, Zimmerei Stark GmbH
Tragwerksplanung
bauart – Beratende Ingenieure
Fachingenieur/in
Technische Gebäudeausrüstung: Eifelkreis Bitburg-Prüm mit emutec GmbH; Raumakustik: ssih – Schallschutz im Holzbau; Vermessung: Ingenieurbüro Scheuch GmbH; Bodengutachten: umweltgeotechnik GmbH; Tiefbauarbeiten: Hermann Köppen Ing.-Bau GmbH & Co KG; SiGeKO: ASD Michael Mentges
Sonstige Beteiligte
Landschaftsplanung: Plan-Lenz GmbH; Fachklassenausstatter: Hohenloher Spezialmöbelwerk Schaffitzel GmbH & Co. KG; Fachklassenplanung: O.C.P. office consult partner e.K.; Beratung/Planung Pädagogisches Konzept: LernLandSchaft, Karin Doberer;
Fotografien
Thomas Ott und Blitzwerk













Das Interim Regino-Gymnasium in Prüm hat beim Holzbaupreis Eifel 2024 einen Preis gewonnen.
54595 Prüm Deutschland