Wiederaufbau & Ertüchtigung eines historischen Hauses nach Starkregen- und Hochwasserkatastrophe
Ausgangssituation und Lösung
Das Rote Haus in Mechernich — Ein Denkmal, stärker als die Flut
Das denkmalgeschützte ‘Rote Haus’ am Ortsrand von Mechernich, um 1854 zur Unterstützung der Bleierzgewinnung erbaut, wurde durch die Flut im Juli 2021 stark beschädigt. Die äußeren dicken Bruchsteinwände blieben unversehrt, sämtliche Holzkonstruktionen im Erdgeschoss wurden irreparabel zerstört.
Da das Gebäude weiter in hochwassergefährdetem Bereich liegt, wurde es im Zuge der Sanierung umstrukturiert. Im Erdgeschoss werden nun alle Lasten aus den Holzkonstruktionen des Obergeschosses auf die Außenwände und eine Stahltütze abgeleitet, alle Hölzer liegen sicher über möglichen zukünftigen Hochwasserständen.
Konstruktion/Bautechnik
Die historischen Holzkonstruktionen von den Deckenbalken über Erdgeschoss bis zu den Hauptbindern unterm Dach wurden freigelegt, repariert und ergänzt. Die frisch geölten Holzstrukturen mit Gebrauchsspuren, Prothesen und Intarsien aus neuen Hölzern prägen das Gebäudeinnere.
Planerische Präzision und handwerkliches Können ermöglichen den Erhalt des Gebäudes in gefährdetem Umfeld, tragen zur Schonung von Ressourcen bei und sichern die Kontinuität historischer Bauten.
Materialien
Bodenplatte: Einfügung einer neuen WU-Betonplatte
Außenwände: Buntsandsteinwände, EG: mineralische Innendämmung, OG: Holzständerwand mit ISOFLOC-Dämmung
Decken: Historische Holzbankendecke
Dach: Historische Holzbinderkonstruktion, neue Sparren
Innenwände: Holzständerwände im OG
Beschreibung der energetischen Eckdaten
Erreichter Energiestandard: GEG 2020, Mindestwärmeschutz DIN 4108; bauphysikalisch geprüft auf Sicherung der denkmalgeschützen Konstruktion.
Heizwärmebedarf in kWh/(m²*a): 12.168 kWh/a; Heizlast mit Aufheizzuschlag: 6,8 kW, davon 4,8 kW Transmission und 2,0 kW Lüftung, spez. Heizlast: 58 W/m2.
Unter Hinzuziehung von Fachplanern für Haustechnik (Heizung, Lüftung, Sanitär), Elektroinstallationen und zur Beurteilung von bauphysikalisch sinnvollen Maßnahmen wurde ein zweistufiges Sanierungskonzept entwickelt.
Haupt- und Nahziel aller Sanierungsmaßnahmen war die Behebung der unmittelbaren Schäden zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit unter Berücksichtigung eines energetischen Mindeststandards.
Da jedoch aufgrund der unmittelbaren Lage am Veybach mit erneuten Flutvorkommnissen gerechnet werden muss, sollten als “Sicherheitsstufe 1” aktive Maßnahmen ergriffen werden, mit denen diese in Zukunft bis zu einem gewissen Grad beherrschbar werden.
Vermieden werden sollte dabei eine erneute Überflutung der Räume im Erdgeschoss bis zur Brüstungshöhe der Fenster (1m) und das Hochsteigen von Wasser über die ehemals offene Kellertreppe, weiterhin wurden die haustechnischen Anlagen in das Obergeschoss verlegt; als “2. Sicherheitsstufe” wurden im Zuge der Sanierungsmaßnahmen planerische Maßnahmen getroffen, durch die bei etwaiger Überschreitung der Überflutung über einem Meter über Gelände die Schäden gering gehalten werden (feuchteresistente Materialien, offene Installationsführungen etc.).
Kreislauffähigkeit des Gebäudes
Verwendet wurden nur Materialien aus recyclingfähigen Baustoffen und nachwachsenden Rohstoffen. Sämtliche verwendbaren Bestandsmaterialien wurden repariert und wiederverwendet.
Projekt-Steckbrief
Adresse
Burgfey 3
53894 Mechernich
Projektart
Sanierung und Ertüchtigung eines denkmalgeschützten Gebäudes nach Flutschäden
Bauzeit/Datum der Fertigstellung
09/2022-11/2023 (01.11.2023)
Flächen (BGF in m²) / Kubatur (BRI in m³)
BGF 180 m² / 360 m³
Anzahl der Geschosse
2
Bauart
Historische Holzkonstruktionen, Holzständerbau
Projekt- Beteiligte
Bauherr/Bauherrin bzw. Eigentümer/in
Dietrich Graf von Nesselrode
Architekt/in
lüderwaldt architekten
Konstruktiver Holzbaubetrieb
Holzbau Erulin, Köln
Innenausbau
Schreinerei Bayard, Satzvey
Tragwerksplanung
Ingenieurbüro für Bauwesen Dipl.-Ing. Johannes Esser, Nettersheim
Fachingenieur/in
Bauphysik: knp bauphysik, Köln. Haustechnik: Ingenieurbüro Hermanns, Köln
Fotografien
Viola Epler – Köln
Das Rote Haus in Mechernich wurde beim Holzbaupreis Eifel 2024 mit dem “Sonderpreis Flut” geehrt.
53894 Mechernich Deutschland